Mit der steigenden Anzahl an Onlineshops wächst auch die Nachfrage an Apps für den Shopify-Kosmos. Bis dato wurden bereits 25 Millionen App-Installationen durchgeführt und mehr als 80 Prozent der Händler verwenden Anwendungen von Drittanbietern. Das macht den Shopify App Store für Entwickler zu einem Markt mit großem Potenzial.
Aktuell zählt der Store circa 4.200 Erweiterungen, unter denen sich auch die Template- und Bestellabwicklungsapps von Entwickler Forsberg+two befinden. Gründer Björn Forsberg hat inzwischen vier erfolgreiche Apps auf dem Markt, die 72.000 mal installiert wurden und das, ohne dabei die Freiheiten eines Alleinunternehmers aufzugeben.
Ein untypischer Programmierer wird zur Shopify-Bekanntheit
Mit teils australischen, teils schwedischen Wurzeln, aktuellem Wohnsitz in Dänemark und einem Background im Bereich Investment Banking entspricht Björn nicht dem typischen Profil eines Programmierers. Vor der Gründung seiner Firma Forsberg+two im Jahr 2011 war er als Produktmanager tätig und lernte den Prozess der Softwareentwicklung kennen. Coding war für Björn jedoch eine Fremdsprache.
Neun Jahre später entwirft der Wahl-Däne Shopify-Erweiterungen und bietet seine vier eigenen Apps OrderlyPrint, Order Printer Pro, OrderlyEmails und Order Printer Templates erfolgreich im Shopify Store an.
Doch nicht nur Björns Apps sind gefragt, auch sein Know-How teilte er schon mehrfach mit der Shopify Community. Während der letzten Shopify Pursuit in Berlin gab er einen Masterclass Workshop zum Thema ‘Lessons learned building a business on Shopify’ und wurde zudem als Sprecher auf der Unite eingeladen.
Im Interview erklärt uns Björn, wie er es als Alleinunternehmer schafft Apps anzubieten und auf den Markt zu bringen, den richtigen Preis festzulegen und wie die Integration lokaler Anpassungen gelingt.
Wieso bist du Shopify App-Entwickler geworden, statt einen Onlineshop zu betreiben?
Kurz nach der Geburt meines ersten Kindes kam mir die Idee ein Onlinebusiness zu gründen. Ursprünglich wollte ich Baby-Kleidung verkaufen. Da wir damals jedoch in einem kleinen Apartment wohnten, hätten wir keinen Platz für ein Lager gehabt.
Der Vertrieb digitaler Güter erschien aus diesem Grund sinnvoller. So erfuhr ich vom Shopify-Partnerprogramm und die Idee entstand, Apps zu vermarkten, statt einen Onlineshop aufzubauen.
Alles begann mit deiner ersten App OrderlyPrint. Wie kamst du auf die Idee?
Am Anfang jeder Shopify App-Idee steht ein Problem.
Auf der Suche nach einer App-Idee stieß ich auf eine Liste mit Anwendungen, die sich Shopify-Händler für ihre Shops wünschten. Bei dem Thema Verbesserung der Bestellabwicklung und -automatisierung wurde ich aufmerksam. Ich dachte: „Das kann ich machen!“
Lesetipp: Apps, die echte Händlerprobleme lösen – dein Weg zum Erfolg
Für die Entwicklung von Orderly habe ich dann zunächst ein externes Team im Ausland beauftragt. Später entschied ich mich, selbst programmieren zu lernen. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich alleine eine vollständige App entwickeln konnte. Ich las nachts, neben meinem damaligen Hauptberuf, zahlreiche Bücher, schaute Tutorials und brachte mir gewissermaßen im Rückwärtsgang Coding bei.
Wie wurde aus der ersten App ein Vollzeit-Geschäft?
Die erste Version von Orderly Print beinhaltete lediglich Kernfunktionen. Die App war einfach gehalten, um sie am Markt anzutesten. So konnte ich herausfinden, ob eine reelle Nachfrage besteht.
Die Anzahl der Installationen wuchs stetig und organisch, woraufhin ich beschloss, meinen damaligen Job zu kündigen und mich Vollzeit auf das App-Business zu konzentrieren. Ich wollte erweiterte Features hinzufügen und zusätzliche Anwendungen entwickeln.
Wie bringt man eine erfolgreiche Shopify App auf den Markt?
Shopify stellt grundlegende Anforderungen, die in jeder App erfüllt werden müssen, das ist der Validierungsprozess. Das betrifft beispielsweise die Reihenfolge der Installationsschritte oder auch den Prozess der Abonnierung. Somit wird sichergestellt, dass alle Anwendungen denselben Standards entsprechen und ein Minimum an Benutzerfreundlichkeit erfüllen.
Um eine App erfolgreich einzuführen, rate ich Entwicklern:
Tipp#1: Halte den Onboarding-Prozess für neue Nutzer einfach
Gib eindeutige Anweisung zur erfolgreichen Shop-Anbindung der Anwendung. Automatisiere Prozesse wie die Kontoanmeldung, sodass deine Nutzer die App so schnell und unkompliziert wie möglich einsetzen können.
Tipp#2: Vergiss die Eintragsseite nicht
Vor der Installation erleben Nutzer deine Anwendung ausschließlich durch die Darstellungsseite im App Store. Schaffe einen übersichtlichen und informativen Eintrag mit hochwertigen Screenshots oder Videos und einer kurzen Erklärung der wichtigsten Funktionen.
Tipp#3: Integriere das Feedback des App Store Teams
Erfüllt deine App die Anforderungen nicht, wird sie zurückgewiesen und du erhältst von Shopify Feedback mit Verbesserungsvorschlägen. In meinen Augen ist dieser Weg ein wichtiger Schritt in der Entwicklung einer erfolgreichen Shopify-Anwendung – eine Art Qualitätstest deiner Arbeit.
Lesetipp: Richtlinien und Ressourcen für die Aufnahme in den Shopify App Store
Was ist ein fairer Preis für eine Shopify App?
Setze den Preis für deine App niemals zu niedrig, aber realistisch.
Anfangs habe ich nur etwa fünf Euro pro Monat verlangt. Das kannst du machen, wenn die Entwicklung nebenberuflich stattfindet. Bei einer selbstständigen Tätigkeit, ist es jedoch ratsam, einen höheren Betrag zu fordern.
Ist die Konkurrenz im entsprechenden Segment hoch und es gibt viele Alternativen zu deiner Anwendung, positionierst du dich besser im unteren Preissegment. Für mich bedeutet das, dass ich mich zwischen 10 und 20 Dollar (pro Monat) bewege.
Schafft eine App deutlichen Gewinn für den Händler, steigert dies automatisch ihren Wert. Der Preis sollte sich deshalb immer an dem Mehrwert orientieren, den er dem Onlinehändler bietet. Löst deine Erweiterung ein Problem im Backend, kannst du dich beispielsweise daran anlehnen, wie viel Zeitersparnis du deinen Anwendern schaffst und damit einen höheren Preis für die App rechtfertigen.
Es gibt folgende zwei Preismodelle für Apps:
1. Monatliche Gebühr
- Das ist sinnvoll für Apps, die nach Installation regelmäßig genutzt werden, wie zum Beispiel OrderlyPrint.
- Um die Hemmschwelle zur Installation zu minimieren, ist hier ein geringerer Preis zu empfehlen.
- Dieses Modell eignet sich vor allem für Lösungen, die zwar Nutzen schaffen, jedoch nur selten verwendet werden, wie beispielsweise ein Template-Designer für E-Mails.
- Nachdem ein Nutzer ein Template ausgewählt und angepasst hat, wird der Konfigurator nicht mehr direkt zum Einsatz kommen. Deshalb ist es effektiver, eine Einmal-Nutzung mit einer einmaligen Zahlung zu bewerten.
- Der Preis kann hierbei etwas höher angesetzt werden. Kunden, sind in der Regel eher bereit einmalig für eine App zu zahlen, als ein Abo abzuschließen. Selbst, wenn die Kosten der Zahlung etwas höher angesetzt sind. Hier gilt es, abzuwägen, wie nützlich die Anwendung für Kunden ist. Außerdem sollte berücksichtigt werden, ob nach der Installation weitere Aufwände aufseiten des Entwicklers anfallen.
Der Preis variiert auch entsprechend der integrierten Features. Eine App, die beispielsweise für verschiedene Märkte optimiert ist, sollte preislich höher angesetzt werden, als eine Lösung, die lediglich in einem Land funktioniert.
Wie passt du deine Apps an den internationalen Markt an?
Ich habe von Anfang an einige internationale Features in meine Apps eingebaut. Zum Beispiel Steuerangaben in Rechnungsvorlagen und die Option Begriffe oder ganze Formulierungen in Dokumenten zu bearbeiten, um sprachliche Anpassungen vorzunehmen.
Mittlerweile habe ich eine Übersetzungsfunktion integriert, die gesamte Dokumente je nach Land sprachlich modifiziert. Zudem werden länderspezifische Einstellungen automatisch an eine Lokalisierung angepasst.
Du führst dein App-Business erfolgreich als Alleinunternehmer. Wie bleibst du dennoch entspannt und ausgeglichen?
Wie ich meine Prioritäten setze, ist ein entscheidender Faktor. Statt mein Ziel auf stetiges Wachstum auszurichten, wähle ich gezielt Projekte und Aufgaben, die ich allein bewältigen kann. Mein Ziel ist es, meine Freiheit als Alleinunternehmer beizubehalten.
Es ist zwar wichtig, genügend Kunden zu haben, ich muss jedoch nicht ständig Neukunden akquirieren, um ausreichend Umsatz zu generieren.
Diese Herangehensweise zieht sich durch alle Bereiche meiner unternehmerischen Entscheidungen. Ich investiere beispielsweise nur einen sehr geringen Anteil meiner Zeit und meines Budgets in Marketingmaßnahmen, da grundsätzlich genügend Shopify-Händler im Store auf meine Apps stoßen. Im Bereich Kundenbetreuung habe ich meinen persönlichen Aufwand zudem minimiert.
Wer übernimmt deinen Kundenservice?
Anfangs habe ich den Customer Support selbst übernommen und Kundenanfragen bearbeitet. Inzwischen bin ich eine Partnerschaft mit einem Unternehmen eingegangen, welches sich auf den Kundenservice für Shopify Apps spezialisiert.
Gegen eine monatliche Gebühr übernimmt ein geschultes Team die Bearbeitung von Kundenanliegen rund um meine Apps. Ich empfehle jedem Entwickler, alle Aufgaben auszulagern, die ihm seine wertvolle Zeit stehlen.
Meine 3 Grundprinzipien als Shopify App-Entwickler:
1. Du brauchst nicht mehr als genügend Kunden.
Du musst nicht alle Händler von deiner App überzeugen. Bei Millionen von Shopify Merchants reicht es, eine nachgefragte Nische zu bedienen. Mit einem angemessenen Preis und der Validierung im App Store sorgst du dafür, deine App rentabel zu machen.
2. Bietest du eine App in verschiedenen Sprachen an, sollte auch dein Kundenservice mehrsprachig sein.
Bietest du eine App in einer Fremdsprache an, erwarten viele Kunden, dass du auch den Kundensupport in dieser Sprache verfügbar machst. Vermeide Enttäuschung und übersetze eine App im Idealfall nur dann, wenn du die Kundenbetreuung in den Zielsprachen anbieten kannst.
3. Denke an die Zukunft deiner App
Langfristig solltest du besonders zwei Aspekte beachten: die Wartung und den Kundenservice deiner Entwicklungen. Gibt es eine Änderung seitens Shopify, musst du deine App entsprechend anpassen. Hast du mehrere Apps, lohnt es sich, diese mithilfe von wiederverwendbaren Komponenten zu designen. So brauchst du nicht jede Anwendung individuell upzudaten, sondern es reicht, die Änderung in der Komponente vorzunehmen.
Um mit deiner App langfristig erfolgreich zu bleiben, ist es ebenfalls ratsam, dich regelmäßig mit der Shopify-Community auszutauschen und aktuelle Trends und Anforderungen zu integrieren.
Shopify Partner sind die wichtigste Feedback-Quelle für App-Entwickler
Für App-Entwickler ist es oftmals schwer, über alle relevanten Länderrestriktionen und -vorgaben Bescheid zu wissen. Um Apps lokal anpassen zu können, sind wir auf die Hilfe der Partner, zum Beispiel Shopify-Experten, angewiesen. Diese haben bereits mit vielen Händlern zusammengearbeitet und wissen, welche Probleme und Herausforderungen immer wieder auftauchen.
Ich lade deshalb alle Partner dazu ein, ihr Feedback an die Entwickler weiterzugeben. Mithilfe der Shopify Community können wir voneinander lernen und noch bessere E-Commerce-Lösungen anbieten.
Titelbild von Safar Safarov. Weitere Bilder von Mika Baumeister und Markus Spiske.